Was die Vorgehensweise am Arbeitsmarkt betrifft, muss einem eigentlich das Wort „Schildbürgerstreich“ in den Sinn kommen.
Man sorgt mit massenhaft Regulierungen, hohen Steuern und diversen (meist bürokratischen) Unsinnigkeiten dafür, dass weniger Arbeitsplätze entstehen oder sogar Arbeitsplätze verloren gehen, da einerseits Unternehmen abwandern und andererseits weniger Menschen bereit sind, den Hürdenlauf der Unternehmensgründung bzw. des Unternehmensaufbaus zu absolvieren. Und raten Sie mal, wem die Kosten für die Vollziehung all der Regeln und Unsinnigkeiten umgehängt werden! Oder wer den bürokratischen Aufwand zu tragen hat, der bei der Einhebung von Steuern entsteht! Richtig: All das wird aus Steuermitteln finanziert – und damit zahlen auch Sie dafür!
Auch den meisten Politikern ist diese Tatsache bewusst – wenngleich sie das Problem oft kleinzureden versuchen. Kein Wunder – stehen doch all die unerwünschten indirekten Konsequenzen monopolistischen Rahmensetzens im direkten Widerspruch zum Sebstverständnis der Politik. Auch wenn offensichtlich ist, dass all die Regulierungen, Steuererhöhungen und der bürokratische Unsinn neben hohen direkten Kosten (die Kosten für den Steuerzahler) indirekt stark negative Konsequenzen haben, werden diese nicht etwa rückgängig gemacht. Nein – nicht mal teilweise! Stattdessen verfällt man in ideologische Dogmatik und argumentiert mit Hoffnungen und Absichten. Und solange die Absichten stimmen, sind die tatsächlichen Erfolge bestenfalls zweitrangig.
Diese Dogmatik kann zwar einigen Wählern glauben machen, dass die Probleme keine Konsequenzen politischen Aktionismus sind; sie kann aber die entstandenen Probleme – allen voran die Arbeitslosigkeit – nicht verschwinden lassen. Daher greift man tief in den Steuertopf und finanziert auf Kosten des Steuerzahlers allerlei Programme, welche die entstandenen Probleme zumindest teilweise verdecken sollen: Subventionen für Unternehmensneugründungen, Schaffung von Arbeitsplätzen im staatsnahen (tendenziell weniger effizienten) Sektor, Schulungen für Arbeitslose uvm. In Wahlkampfjahren geht man meist noch ein Stückchen weiter: Ein von der Schließung bedrohtes Unternehmen wird da schonmal „gerettet“ – und die Politiker lassen sich dafür feiern, einige Arbeitsplätze erhalten zu haben. Was macht es da schon, dass dies alles auf Kosten der Steuerzahler passiert und daher mittelfristig zu höheren Steuern und weniger Arbeitsplätzen führt?
Der Steuerzahler bezahlt hier also gleich doppelt: Einmal für die guten Absichten der Politiker, mit denen sie auf Wählerfang gehen. Und das zweite Mal für Maßnahmen, welche die katastrophalen Auswirkungen der mit guten Absichten eingeführten Maßnahmen zumindest teilweise verschleiern oder überdecken.
Wie gut der Arbeitsmarkt funktionieren kann, wenn er nicht von übermäßiger Regulierung, hohen Steuern und starkem staatlichen Einfluss gelähmt wird, zeigt sich in Singapur. Die Arbeitslosenrate liegt dort momentan bei nur 1.9 Prozent (friktionelle Arbeitslosigkeit). Außerdem ist der Arbeitsmarkt in Singapur sehr dynamisch. Dies erleichtert den Unternehmen die Umstrukturierung und führt in weiterer Folge dazu, dass viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Im Vergleich dazu hat Österreich einen stark regulierten und von sozialpartnerschaftlichem Einfluss dominierten Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenrate ist zwar mit 5.1 Prozent (Eurostat) bzw. 8.1 Prozent (nationale Berechnung) im EU-Vergleich niedrig. Hier trifft jedoch das Sprichwort, nach dem unter Blinden der Einäugige König ist, eindeutig zu. Von Dynamik kann beim österreichischen Arbeitsmarkt kaum die Rede sein. Offensichtlich ist es auch nicht im Sinne der Politik, die Dynamik zu erhöhen. Die Kündigungsabgabe beispielsweise ist jedenfalls kein Signal in diese Richtung.
Die Kosten dieses Schildbürgerstreichs sind immens. Laut AMS kostet ein Arbeitsloser pro Jahr etwa 30.000 Euro. Zwei Drittel entfallen auf Leistungen des AMS, ein Drittel auf entgangene Abgaben. Wenn man also davon ausgeht, man könnte durch Abbau von Regeln und bürokratischen Hindernissen die obere Grenze der friktionellen Arbeitslosigkeit (2 Prozent) erreichen und nur die Leistungen des AMS berücksichtigt (also rund 20.000 Euro pro Arbeitslosem und Jahr), ergeben sich bereits Kosten in Höhe von ca. 6 Mrd. Euro. Nicht berücksichtigt sind die entgangenen Abgaben (ca. 3 Mrd. Euro), die möglichen Einsparungen in der Exekutive und Verwaltung durch weniger zu vollziehende Regeln sowie mögliche Einsparungen bei Subventionen.
Da es in Österreich Tradition hat, bei Arbeitsmarktreformen sofort nach den Sozialpartnern zu schreien, noch ein paar Sätze hierzu. Zweifel daran, dass Reformen unter Einbeziehung der Sozialpartner erfolgversprechend sind, sind angebracht. Die Gründe liegen auf der Hand.
Die Vertreter der Arbeitgeber vertreten existierende Unternehmen, haben also das kleinstmögliche Interesse, die Konkurrenz tatsächlich zu stärken, indem sie den Markteintritt erleichtern. Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Warum sollte ein Unternehmen seine Marktanteile durch verschärfte Konkurrenz gefährden wollen? Die Arbeitgeberseite wird dazu neigen, eine Senkung der Steuern und die Abschaffung von Regeln, die ihnen beim Betrieb ihres bestehenden Unternehmens hinderlich sind, zu fordern. So weit, so gut. Auf der anderen Seite werden sie aber jene Regeln, die dazu geeignet sind, ihre bestehenden Marktanteile zu sichern, unter allen Umständen verteidigen. Für eine sinnvolle Reform sind aber gerade diese Regeln Gift.
Die Vertreter der Arbeitnehmer werden hingegen die arbeitsrechtlichen Vorschriften mit Zähnen und Klauen verteidigen. Einige scheinen gar zu befürchten, beim Fehlen solcher Vorschriften hätten die Arbeitgeber völlige Narrenfreiheit, was den Umgang mit den Arbeitnehmern betrifft. Dass die arbeitsrechtlichen Vorschriften die Arbeitnehmer tatsächlich stärken, zeigt sich bereits dadurch, dass so mancher Jurist der Meinung ist, der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ müsse im Kontext des Arbeitsrechts „im Zweifel für den Arbeitnehmer“ heißen. Ist aber die Furcht der Arbeitnehmer gerechtfertigt? Die Antwort ist: Es kommt darauf an. Bei hoher Arbeitslosigkeit können solche Regeln kurzfristig eine Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer bewirken. Der Preis dafür ist aber hoch: Die Vollziehung der Regeln verbraucht Ressourcen (sowohl auf staatlicher als auch auf unternehmerischer Seite), was ceteris paribus zu weniger Arbeitsplätzen führt (was wiederum den Druck auf die Arbeitnehmer erhöht und sowohl zu tieferen Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen führen kann). Die Antwort darauf können aber nicht weitere Vorschriften sein, da diese zu einer weiteren Reduktion der Arbeitsplätze führen würden. Der viel bessere Zugang für einen möglichst sinnvollen Schutz der Arbeitnehmer ist, möglichst keine Optionen des Arbeitnehmers durch Vorschriften zu zerstören. Ein Arbeitnehmer, der aus einer Vielzahl von Alternativen einen Arbeitsplatz auswählen kann, ist wesentlich besser geschützt als ein Arbeitnehmer, der im Falle des Verlusts seines Arbeitsplatzes einige Monate lang suchen muss, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Zusammenfassend: Durch die Arbeitsmarktpolitik (oder besser: durch die Einmischung der Politik in den Arbeitsmarkt) werden jährlich wahrscheinlich zweistellige Milliardenbeträge in den Sand gesetzt, also verschwendet. Das Schlimmste dabei ist aber, dass diese Milliardenbeträge nicht nur verschwendet werden, sondern – wenn auch nicht absichtlich – auf eine Art und Weise eingesetzt werden, die die Situation sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitslosen verschlechtert. Adding insult to injury sozusagen.